24. September 2018

Frauen brechen den kleinen Derbyfluch

Lange Zeit sah es nach einem erneuten Derbysieg für Schönebeck gegen Calbe aus. Doch dank einer auch in hektischen Phasen stabilen Abwehr drehte die TSG die Partie gegen im Angriff fahrige Schönebeckerinnen zum 24:20 (9:11)-Auswärtssieg.

Auf der Platte jubelten die Handballerinnen der TSG Calbe am Sonnabend noch ausgelassen, da war Ronald Kampe schon ins Fachgespräch vertieft. Gerade hatten die Saalestädterinnen im Sachsen-Anhalt-Liga-Derby bei der SG Lok Schönebeck mit 24:20 (9:11) gewonnen, da hatte der Neucoach im Publikum schon Frank Falke, seinen Vorgänger, erspäht. Minutenlang unterhielten sich die beiden Männer angeregt über das gerade Erlebte.

Vergangenheit und Zukunft lagen hier ganz nah beieinander. Und Falke sah am Sonnabend, dass er seine Mannschaft in gute Hände gegeben hat. Kampe führte seine quantitativ und qualitativ aufgerüstete Mannschaft zu einem Derbyerfolg, der sich lange Zeit nicht angedeutet hatte.Denn über weite Strecken der Partie hatte die SG Lok, die die vergangenen drei Derbys für sich entschieden hatte, den Ton angegeben. Schnell hatte sich der Gastgeber ein 3:0 erspielt (8.). Calbe kam erst nach über elf Minuten zum ersten Torerfolg, wirkte gehemmt, nervös, zerfahren im Angriff. Beide Abwehrreihen standen zwar sicher, doch Schönebeck konnte noch mehr Kapital daraus schlagen.

Juliane Gaul (beim Wurf) und die TSG Calbe hatten den längeren Atem und gewannen das Derby in Schönebeck mit 24:20 (9:11). | Foto: Enrico Joo

So lagen die Elbestädterinnen dank einer vor allem am Anfang prima aufgelegten Carolin Gress im Rückraum 10:6 (28.) und 13:9 (35.) vorn. Doch auch in dieser Phase blieb Kampe, der neue Ruhepol an der Seitenlinie, entspannt. „Wir waren am Anfang nervös im Angriff, sind nicht in die Nahtstellen gegangen“, analysierte dieser. „Aber ich wusste, wir kommen irgendwann rein ins Spiel. Ich habe dem Team auch schon in der Halbzeit Respekt gezollt. Schließlich hatten wir nur elf Gegentore bekommen.“ Nur die Effektivität im Angriff fehlte. Als jedoch der Positionsangriff über den Rückraum besser funktionierte und einige Tempogegenstöße gelangen, biss sich die TSG ins Spiel und glich beim 13:13 (39.) durch Klara Lehmann erstmals aus.

Was aber auch am gebrauchten Tag der Schönebecker lag. „Wir haben uns auf den Schlafwagenhandball des Gegners eingelassen“, sagte Trainer Dirk Schedlo. „Wir haben im Angriff viel zu viele Fehler produziert. Aus dem Rückraum kamen in der zweiten Halbzeit zwei Würfe. Das ist zu wenig, da erwarte ich mehr.“ Die Kreativität fehlte, die Geschwindkeit, die Ideen gegen eine gut gestaffelte TSG-Abwehr. „Wir haben den Mut nicht verloren, standen diszipliniert. Schönebeck hat dann mit der Brechstange gespielt und wir hatten hinten raus mehr Luft“, so Kampe.

So kam es, wie es kommen musste. Letztmals beim 16:16 (48.) gab es Gleichstand. Danach zog Calbe durch Tore von Lehmann, Kristin Sroka und Michelle Feilhaber auf 19:16 davon (51.). Zwar kam Schönebeck noch einmal auf 19:20 (54.) und 20:21 (57.) heran, doch zu viele Ungenauigkeiten legten die SG Lok auf‘s Kreuz. Bezeichnend war dabei die hektische Schlussphase, in der die SG Lok sich zweimal an einem langen Ball über das gesamte Spielfeld versuchte. Zweimal kam der Ball nicht an. Der Ausgleich fiel nicht, stattdessen warf Antje Schreiber das 22:20 für die TSG (59.). Das Spiel war entschieden. „Die Abwehr war noch in Ordnung. Aber im Angriff waren wir grottenschlecht. Es gab keine Körpersprache, die Emotionen haben gefehlt. Die Niederlage ist noch viel schlimmer als die vor zwei Wochen gegen den HSV Magdeburg, weil sie völlig unnötig war“, schimpfte ein sichtlich angefressener Dirk Schedlo.

Calbe hingegen stehen nach dem zweiten Sieg im zweiten Spiel nach der enttäuschenden Vorsaison entspanntere Zeiten bevor. „Wir haben von Anfang an uns geglaubt“, meinte Kampe. Das unterscheidet die TSG der Saison 2018/2019 auch von der TSG der Saison 2017/2018. Waren die Calbenserinnen im vergangenen Jahr noch beinahe regelmäßig eingebrochen, überzeugt das Team nun auch dank des breiteren und qualitativ stärkeren Kaders durch neue moralische Standfestigkeit. Was nicht nur Falke und Kampe freute. Calbes Freudentanz tat nach dem Sieg gegen den Rivalen von der Elbe besonders gut.

Josephin Hecker, Ulrike Neumann – Elisa Mennecke, Klara Lehmann (4), Sophia Rust, Christiane Wilke (6), Melanie Thiele (1), Kristin Sroka (4), Mandy Wenzel, Juliane Gaul (3), Michelle Feilhaber (2), Angelina Dähms, Antje Schreiber (4/1), Pia Schrader

Siebenmeter: Schönebeck 2/2 – Calbe 3/1
Zeitstrafen: Schönebeck 3 – Calbe 5

Text: Enrico Joo (Volksstimme vom 24. September 2018)

Dieser Artikel wurde am 24.September 2018 von Tilman Treue veröffentlicht und wurde unter Frauen, Spielberichte abgelegt. (aktualisiert: 24.September 2018)


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