4. Februar 2019

„Abwehrschlacht“ geht an Calbe

Spitzenreiter schlägt HV Rot-Weiss Staßfurt mit 19:16 (11:7).

Auch wenn nicht viele Tore fielen, die zahlreichen Zuschauer sahen im Derby der Sachsen- Anhalt-Liga zwischen der TSG Calbe und dem HV Rot-Weiss Staßfurt ein Spiel auf sehr hohem Niveau, das von sehr stabilen Deckungsreihen geprägt war. Defensiv ein bisschen stärker standen wie erwartet die Calbenser, die das Duell dadurch mit 19:16 (11:7) für sich entschieden.

 

Von Dennis Uhlemann

Calbe/Staßfurt l Es wurde kurz vor dem Spiel getuschelt auf der Staßfurter Bank. Während der Calbenser Coach Andreas Wiese Kaugummi kaute, an der Wasserflasche nippte und lässig mit dem Ball jonglierte, wirkten die Gäste vom HV Rot-Weiss etwas angespannt. Der Grund: Cosmin Tiganasu war noch nicht da. Der Co-Trainer coachte noch seine A-Jugend. Er reiste nach dem turbulenten 34:30-Sieg etwas später an. Doch so viel Aufregung, „nur“ weil der Co-Trainer fehlte? Nein.

Die Gäste hatten im Derby der Sachsen-Anhalt-Liga bei der TSG Calbe einen Plan. Tiganasu sollte trotz Rückenproblemen nach über einem Jahr Pause wieder spielen und die Abwehr verstärken. „Er hat das auch gut gemacht. Ich bin sehr dankbar“, sagte der Staßfurter Coach Sebastian Retting. Doch genützt hat es nicht viel. Das Derby ging mit 19:16 (11:7) an die TSG Calbe, die damit auch das zweite Saisonspiel gegen den HV Rot-Weiss Staßfurt gewinnt und sich an der Tabellenspitze weiter absetzt.

Hauptmanko: Chancenverwertung

Doch der Grund für die Pleite war bei Retting schnell gefunden: „Das Hauptmanko war die Chancenverwertung.“ 20 Fehlwürfe, davon sieben freie Versuche. So lautet die ernüchternde Statistik. „Wenn du so viele Chancen nicht machst, ist es schwer, beim Tabellenführer zu punkten. Es war sehr schade. Ein Sieg war drin, doch da hätten wir schon 20 Tore gebraucht.“

Doch die Rot-Weissen bissen sich an der starken Abwehr der Gastgeber die Zähne aus. „Die Abwehr war mal wieder unser Prunkstück“, freute sich Wiese. „Wir haben uns wie ein Tabellenführer präsentiert und sind mannschaftlich geschlossen aufgetreten. Wir haben stark verteidigt und sind dann auch gut in das Konterspiel gekommen.“

 

Die Staßfurter Deckung stand sehr gut, Jan Illig (M.) und die Calbenser hatten es oft schwer. Doch am Ende reichte es dennoch zu einem knappen Derbysieg. Foto: Dennis Uhlemann

 

Von Beginn an war es eine wahre Abwehrschlacht. Das erste Tor fiel erst nach knapp sieben Minuten. Sebastian Schliwa hielt zweimal stark für die Staßfurter, vorn scheiterten die Gäste durch Robert Reiske und Mario Meißner zweimal am Aluminium. Beide Defensivreihen brillierten, teilweise mit Blockwechseln. Die Kreiszuspiele wurden verhindert, es war immer eine Hand dazwischen. Weil die Calbenser aber offensiv über mehr Durchschlagskraft verfügten, bei den Staßfurtern war offensiv einzig Reiske (acht Tore) in Normalform, führte der Spitzenreiter 7:3 (17.). Dieses Vier-Tore-Polster rettete Calbe auch in die Pause.

Wusste immer genau, wo es langgeht: Andreas Wiese. Foto: Dennis Uhlemann

Nach dem Seitenwechsel bekam die beeindruckende und auf beiden Seiten lautstarke Kulisse eine kleine Aufholjagd zu sehen. Die Gäste kamen bis auf ein Tor heran (12:13, 42.). „Da hätte das Spiel kippen können“, wusste Retting. „Wir hatten auch zwei oder drei Chancen auf den Ausgleich, aber haben uns wieder zu viele Fehler geleistet und zu früh abgeschlossen.“

Auch Wiese hatte zu dieser Zeit etwas Bedenken: „Das war eine extrem harte Phase, doch wir haben gut darauf reagiert.“ Und zwar mit einem 4:0-Lauf zum 17:12 (49.). „Danach war Calbe wieder viel selbstbewusster“, beobachtete Retting. Das Spiel war gelaufen. Und die Gastgeber spielten es weiter souverän herunter. Bis zum Abpfiff, als die Köpfe bei den Staßfurtern hingen und die TSG in großen Jubel ausbrach. „Es war ein richtig geiles Spiel“, fasste es Wiese passend zusammen. „Hut ab auch vor den Staßfurtern. Sie haben gut gespielt, aber man merkt eben, dass Nils Hähnel fehlt.“

Calbe: Wiederhold, Betram – Walther (1), Fritz, Krause (1), Lück (4), Rätzel, Schwarz (4), Borzucki, Weiß (4), Sowa, Kralik (2), Illig (1), Reiske (2)

Staßfurt: Tuchen, Schliwa – Beinhoff, Reiske (8), Ernst (1), Retting (1), Jacobi (4), Vadaszi, Steinbrink, Spadt, Schöne, Postelt, Meißner (2)

Siebenmeter: Calbe 5/4 – Staßfurt 2/0

Zeitstrafen: Calbe 3 – Staßfurt 4

 

Stimmen zum Spiel

„Nur 15 Gegentore zuzulassen,ist überragend. Es hat wirklich alles gestimmt hinten. Die mannschaftliche Geschlossenheit war entscheidend für den Sieg. Das fühlt sich einfach geil an.“

Stefan Wiederhold (Torwart TSG Calbe)

 

„lch hatte starke Schmerzen.

lch habe über ein Jahr nicht trainiert. Aber es war ein Derby und das Team brauchte mich. lch habe es nur für die Mannschaft gemacht. Vorerst werde ich nicht wieder spielen.“

Cosmin Tiganasu (Co-Trainer/Spieler HV Rot-Weiss)

 

„Das war ein starkes Spiel. Ich habe schon im Vorfeld gesagt: Das Derby gewinnt das Team mit der besseren Abwehr. Und so war es auch. Wir haben das fantastisch gelöst. Die Abwehr hat gearbeitet bis zum umfallen. Das war ein hochverdienter Sieg.“

Gunnar Lehmann (Abteilungsleiter TSG Calbe)

 

Landesmeisterschaft als klares Ziel

TSG Calbe hat nun vier Punkte Vorsprung auf Staßfurt

Calbe/Staßfurt (duh) • Es mag abgedroschen klingen, aber das Derby der Sachsen-Anhalt- Liga zwischen Calbe und Staßfurt war ein Vier-Punkte-Spiel. Denn statt von den Zählern her gleichzuziehen, ist der HV Rot- Weiss nun schon vier Punkte vom Tabellenführer entfernt. Ob die Mission Wiederaufstieg damit schon vorzeitig abgeschrieben ist? Nein. Sebastian Retting ist Sportsmann und sagt: „Aufgeben ist keine Opti­on. Natürlich wird es dadurch nicht einfacher, aber es ist nicht zu ändern. Wir werden weiter hart arbeiten und alles versuchen, um oben dran zu bleiben.“ Was ihn dabei optimistisch stimmt: „Wir haben viele schwere Gegner noch zuhause, bei denen Calbe auswärts antreten muss.“ Das sind zwar keine Selbstläufer. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt.

Ganz neue ist hingegen nun wieder in Calbe aufgekeimt. Der Aufstieg wird immer wahrscheinlicher. Doch Handball- Abteilungsleiter Gunnar Lehmann macht bezüglich eines Oberliga-Aufstiegs klar, dass es von mehrere Faktoren wie der finanziellen Situation und dem Kader abhängt: „Wir müssten dann ja konkurrenzfähig sein. Das werden wir zu gegebener Zeit besprechen. Wir sind völlig entspannt und fokussieren uns auf die nächsten Aufgaben. Ziel ist aber die Landesmeisterschaft, das hat sich die Mannschaft nach dieser tollen Saison verdient.“

 

Wiederhold hält wieder und wieder

Calbenser Torwart avanciert mit zahlreichen Paraden zum Matchwinner

Calbe/Staßfurt (duh) • Als die letzte Sirene ertönte, sprintete Andreas Wiese auf die Platte. In Richtung Stefan Wiederhold. Der Trainer und der Kee­per der TSG Calbe umarmten sich innig. Schubsten sich vor lauter Euphorie noch mehrfach gegenseitig weg. Der Jubel kannte kaum Grenzen. Ein Sonderlob wollte Wiese nach dem Derbysieg gegen den HV Rot-Weiss Stßfurt nicht aussprechen, da ist er nicht der Typ für, doch die erste Aktion nach dem Spielende zeigte, wem der TSG-Coach möglicherweise am meisten dankbar war.

Na klar, wäre beim Topspiel der Sachsen-Anhalt-Liga, ähnlich wie bei der Heim- WM kürzlich, ein „Man of the Match“ ausgezeichnet wurden, hätte diesen Preis Ste­fan Wiederhold bekommen. Der Calbenser kassierte nur 15 Gegentore und hatte daran auch einen riesigen Anteil. „Er hat überragend gehalten“, sagte Gunnar Lehmann, Abteilungsleiter der TSG. Der gefeierte Held selbst blieb bescheiden und stellte die „mannschaftliche Geschlossenheit“ in den Mittelpunkt.

Stefan Wiederhold durfte oft die Fäuste ballen. Der Keeper zeigte gegen seinen Ex-Verein zahlreiche gute Paraden. Foto: Uhlemann

Das war ja auch zweifelsohne so. Defensiv war das eine Teamleistung, die seinesgleichen sucht. Auch im Angriff machten die Calbenser weniger Fehler. Drei Spieler wirkten dabei mal wieder besonders motiviert. Kevin Reiske, Jan Illig und eben Stefan Wiederhold trafen auf ihren Ex-Verein und lieferten ab. Ob da vor allem beim Keeper eine besondere Motivation vorhanden war? „In so einem Derby ist man immer hochmotiviert. Aber natürlich kenne ich noch viele Leute aus Staßfurt. Das ist schon ein besonderes Duell für mich.“

Und bei seinen alten Kollegen, die ihm nach dem Spiel reihenweise beglückwünschten, hinterließ er ebenfalls Eindruck. „Er hat schon gut gehalten“, gab Coach Sebasti­an Retting zu. „Aber wir haben ihn auch oft angeworfen. Nachdem er die ersten Bälle gehalten hat, war es psychologisch für uns schwer. In Eins- gegen-eins-Duellen ist die Kulisse gar nicht so entscheidend, da hast du als Spieler nur einen Blick für den Torwart.“ Und da hatten die Rot-Weissen eine Wand gegenüber.

Wiederhold parierte beide Siebenmeter der Gäste und bekam auch an Würfe aus dem Spiel noch die Hand dran, die bei vielen anderen Keepern zu einem sicheren Tor geführt hatten. Der Keeper hatte seine Finger überall. Aber er leitete mit geschickten langen Bällen auch Konter und eigene Tore ein. Die stehenden Ovationen gaben dem 34-Jährigen Recht. Und auch Wiese ließ sich letztlich zu einem großen Lob leiten, in das er aber auch „Berti“, den anderen Keeper Daniel Bertram mit einspannte: „Wir haben zwei überragende Torhüter, mit die besten der ganzen Liga.“

Quelle Volksstimme vom 04.02.2019

Dieser Artikel wurde am 04.Februar 2019 von Dorle Hädecke veröffentlicht und wurde unter Männer, Spielberichte abgelegt. (aktualisiert: 05.Februar 2019)


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